Von Honza Klein
Hradschin, Karlsbrücke, Altstädter Rathaus. All dies sind Sehenswürdigkeiten der tschechischen Hauptstadt. Dazu gehören auch Bier und Knödel und eine gute Herberge. Eine der besten findet sich am Ufer der Moldau.
Eigentlich schade, dass dies hier kein Radiobeitrag ist. Sonst könnte man Bedrich Smetanas Moldau als Ouvertüre zum Text über die Goldene Stadt und das direkt am Ufer des größten tschechischen Flusses gelegene Hotels Four Seasons setzen. Denn Hotel und Fluss sind seit der Eröffnung dieses ersten Fünf-Sterne-Hauses in Prag eng miteinander verbunden.
Kurz nachdem sich die Türen der Herberge 2001 geöffnet hatten, legte das so genannte Jahrhunderthochwasser (wie kann man eigentlich ein Hochwasser zu Beginn eines Jahrhunderts schon Jahrhunderthochwasser nennen? – aber das nur nebenbei) das Four Seasons wieder lahm. Die exklusive Lage direkt an der Moldau hatte dafür gesorgt, dass der Flusslauf nun durch die Hotelflure führte. Dies wiederum hatte zur Folge, dass die kanadische Hotelgruppe plötzlich ein positives Image in Prag bekam. Zehn Jahre lang hatten die Kanadier um die Grundstücke gekämpft. Einerseits ein Bau aus dem Barock von 1568, ein klassisches Gebäude aus dem Jahre 1827 sowie ein Renaissancebau von 1883 sollten zusammengefügt werden. Dazu war ein Neubau geplant.
Dies stieß bei den Pragern auf wenig Gegenliebe. Als jedoch nach der Flut das Haus für gut ein drei viertel Jahr geschlossen bleiben musste, wurde keiner der Mitarbeiter entlassen, was eben die Stimmung für Four Seasons in der Goldenen Stadt erheblich verbesserte. Heute kennen die meisten Prager diese erste Fünf-Sterne-Adresse.
Also hinein ins Hotel.
Den erfahrenen Four-Seasons-Gast erwartet wenig Überraschendes. Genau das ist es, was die Hotelgruppe so einzigartig macht. Bis auf wenige Ausnahmen in der Welt (zum Beispiel Canary Wharf London) ist der Stil der Häuser fast identisch. Was freilich mitunter dazu führen kann, dass man sich fragt: Wo bin ich gerade?
Gediegenes klassisches Ambiente, herrlicher Blumenschmuck, grandiose Betten in geschmackvoll nicht überladen wirkenden Zimmern. Hier bietet das Four Seasons Prag übrigens die einzige Gelegenheit, aus einem Hotelzimmer direkt auf den Hradschin am gegenüberliegenden Ufer zu schauen. Zwar sind Hilton, Mandarin Oriental und Rocco Forte nun auch in Prag vertreten. Die Pool Position jedoch haben die Kanadier. Die gilt auch für die Küche. Andrea Accordi ist der einzige Koch mit einem Michelin-Stern in Prag. Doch wenn man ehrlich ist – natürlich ist es schön, auch in Prag die Annehmlichkeiten der gehobenen Küche zu genießen. Indes, was wäre ein Pragbesuch ohne die Visite in einem der vielen, vielen Wirtshäuser mit einheimischer Küche. Dazu gehören eben Knödel und ein Bier.
Übrigens zahlt man trotz EU-Mitgliedschaft in Prag immer noch in Kronen. Ein dreigängiges Menü für zwei Personen mit Bier und Wein schlug bei meinem Besuch in einem dieser typischen Restaurace unterhalb der Burg mit etwa 25 € zu Buche. Damit soll nicht der Stern des italienischen Chefs geschmälert werden, doch ein wenig Lokalkolorit wünscht sich vermutlich jeder Reisende, und es erfordert also mindestens zwei Abende im Four Seasons, um wenigstens an einem die Künste des Italieners zu genießen. Außerdem gibt es mehr als genug in Prag zu besichtigen. Die Burg am anderen Ufer ist erwähnt. Zu ihr gelangt man am besten über die gleich neben dem Hotel gelegene Karlsbrücke. Natürlich erklimmt man den Burgberg, besichtigt das Fenster, aus dem 1618 zwei Ratsherren geworfen wurden. Der Geschichte nach landeten sie zwar auf einem Misthaufen im Hof, jedoch war dies einer der Auslöser des Dreißigjährigen Krieges. Überhaupt scheint man es an der Moldau mit Fensterstürzen zu haben.
Bereits 1419 waren Rastherren auf diese Weise von Anhängern des Jan Hus hinausbefördert worden, und noch immer ist nicht so ganz geklärt, wie 1948 der damalige Außenminister Jan Masaryk ebenfalls aus dem Fenster zu Tode kam. Wird doch darüber spekuliert, ob er nicht als Gegner der kommunistischen Machtübernahme ein Opfer der Geheimpolizei wurde. Die ist jedoch Geschichte, ebenso wie die Gründung der ältesten deutschen Universität 1348, wie der Golem auf dem jüdischen Friedhof, das Altstädter Rathaus, welches zu jeder vollen Stunde Tausende anzieht, und natürlich die Erinnerung an den Prager Frühling 1968. Egal wo man in Prag seiner Wege geht, irgendwo trifft man immer ein Stück Geschichte, trifft man immer auf berühmte Namen. Sei es Egon Erwin Kisch, Franz Kafka, Sigmund Freud oder das Foto von Bill Clinton in der Passage der Konzerthalle Luzerna, wo er selbst zum Saxophon griff.
Apropos – US-Präsident Obama bettete sein Haupt bei seinem Besuch in Prag nicht im Four Seasons. Auch wenn es eines der Lieblingshotels vieler Hollywoodgrößen ist. Seine Grund – Four Seasons ist kanadisch. So kleinkariert kann das politische Protokoll manchmal sein. Obama nächtigte im Hilton, was ehrlich gesagt die deutlich schlechtere Alternative war/ist. Doch das nur am Rande und vielleicht ist es ja auch besser so. Will man doch als Gast ungestört von Security-Leuten seinen Pragaufenthalt genießen. Das kann man im Four Seasons, wie vielleicht an keinem anderen Ort der Stadt. Alle Sehenswürdigkeiten liegen in fußläufiger Reichweite (den Friedhof Vysehrad, damit sind wir wieder bei Smetana und seiner musikalischen Dichtung Ma Vlast – Meine Heimat, mal ausgenommen) und wenn es doch ein paar Kilometer zu weit waren, die man durch die Stadt gestreift ist, lädt das Wellnesscenter des Hauses zur Entspannung ein.
Auf dem Hotelzimmer lag übrigens eine CD mit Smetanas Musik. Genau das Richtige, um in der Goldenen Stadt nach einem langen Touri-Tag in den Schlaf zu fallen…