Von Honza Klein
Rasenmähervertreter gehört sicherlich zu den Berufen, der auf den folgenden zwei Inseln nicht vertreten ist. Doch der Reihe nach.
Spanien gehört bekanntermaßen zu den beliebtesten Reisezielen der Deutschen. Dabei denkt man natürlich vor allem an Mallorca. Mehr als vier Millionen sind es pro Jahr, was einen deutschen Tatortkommissar zu der Aussage verleitete „Mallorca ist das einzige Bundesland, aus dem es noch keinen Tatort gibt.“ Doch im Winter kann es schon stürmisch und regnerisch werden auf der Baleareninsel. Selbst der König (Jürgen Drews) zieht sich dann lieber nach in sein Haus in der Nähe von Münster zurück. So verwundert es nicht dass eine andere Inselgruppe immer mehr an Zulauf bekommt. Vor der Küste Afrikas im Atlantik gelegen, vom Golfstrom umspült, bieten die Kanarischen Inseln ganzjährig bestes Urlaubsklima. Die haben auch Reiseveranstalter wie alltours entdeckt und bauen ihr Angebot stetig aus. Motto: „Sechs Inseln, sechs Urlaubswelten, eine Sonne.“ Denn alle sechs Inseln sind grundverschieden. Ganz vorn im Ranking liegen Teneriffa und Gran Canaria, hinten tummeln sich Gomera und La Palma, im Mittelfeld Lanzarote und Fuerteventura. Abgeschlagen und von Reiseveranstaltern fast nicht bedient ist Hierro die siebte Insel.
Insgesamt sind es fast drei Millionen Deutsche, die eine der Inseln besuchen. Etwa 800.000 kommen landen in Fuerteventura. Doch trotz der steigenden Zahlen ist Masse nicht das Ziel. „Wir wollen hier nicht die Fehler machen, die anderorts etwa an der spanischen Mittelmeerküste oder auch auf Gran Canaria gemacht worden sind“, sagt Moisé Jorge Naranjo, Tourismuschef der Insel. „Nicht immer mehr, immer besser ist uns wichtig.“ So gibt es beispielsweise ein Verbot von Neubauten. Eher sollen die bestehenden Häuser ihre Qualität verbessern. Da die Preise bei den Reiseveranstaltern jedoch kaum gestiegen sind, ist dies ein deutliches Plus für die Gäste der Insel. Zu denen zählten übrigens schon vor Jahrzehnten Willy Brandt, Peter Maffay feierte in Betancuria, einer der ältesten Städte der Kanaren seinen 60. Geburtstag, James last besaß eine Wohnung.Im Süden der Insel mag sich der Besucher im Winter 2013/14 vielleicht über etwas mehrwürdig gewandete Menschen mit Bärten gewundert haben, die doch eher wie aus einer anderen Zeit aussahen. Regisseur Ridely Scott, der schon Columbus das Paradies erobern lies, mit Thelma & Louise durch die USA fuhr und auch Robin Hood zu wiederkehrenden Ehren verhalt (um nur einige zu nennen) nutzte die Insel als Ersatz für Moses Wanderung durch die Wüste Ägyptens.
Drei Monate lang war Scott mit seinem Team vor Ort. Mit Batman Christian Bale als Moses. Immerhin neun Millionen Euro spült das in die Kassen der Insel. Dabei ist es fast symptomatisch dass Fuerteventura als Ägypten-Ersatz dient. Haben doch seit den Umbrüchen und der damit nicht eben Stabilen Lage im Land am Nil etliche Touristen den Pharaonen den Rücken zugekehrt, wovon die Kanaren profitieren. Gerade in der Wintersaison. Die Einwohner freute es. Immerhin fast 60 Prozent leben vom Tourismus. Tomaten und Käse sind weiter Geldbringer. Käse vor allem von Ziegen. 200.000 bevölkern das Island. Doppelt so viele wie Menschen. Doch nicht nur für den Käse sind die Ziegen gut. In einem der besten Restaurants der Insel Casa Santa Maria, da wo wie schon erwähnt Maffay feierte, kommt eine hervorragend zubereitetes Zicklein auf den Teller. Kurios allerdings: der Koch ist Tscheche, die Kellnerin aus Dresden. Das Restaurant indes durch und durch traditionell.
Ein Besuch lohnt übrigens auch deswegen, weil mal auch den Weg dorthin oder eben dann zurück ans Meer die ganz wilde romantik der Landschaft aufnehmen kann. Inklusive der kecken Eichhörnchen an einem der Aussichtspunkte, die immer wieder zum Blick über die karge Schöne einladen. Grün ist eher die Ausnahme. Schroffe Wüstenlandschaft prägt das Bild. Dazu unendlich scheinenden Strände mit guten Windverhältnissen. Genau das richtige für Surfweltmeisterschaften. Und auf dem Weg nach Norden zur Fähre nach Lanzarote durchquert man Dünen, die direkt bis ins Meer reichen. Lanzarote ist von Corralejo in nur 30 Minuten zu erreichen. Also durchaus ein Ziel für einen Tagesausflug in eine ganz andere Welt. Eine Welt die vor allem von einem Namen geprägt ist: César Manrique (1919-1992). Der auf der Insel geborene Künstler hat der Insel, aber auch auf den anderen kanarischen Islanden und dem spanischen Festland in vielfältiger Form seinen Stempel aufgedrückt.
So erreicht man wenn man von der im Süden angelandet ist schon nach wenigen Minuten das Gebiet des Timanfaya Nationalparkes. Erst Anfang des 18 Jahrhunderts ereignete sich hier der letzte Vulkanausbruch. Entsprechend wirkt die Gegend als wäre man in der Hölle gelandet.
Das Ausflugszentrum inmitten der schwarzen und kurz unter der Oberfläche, die immer noch so heiß ist, dass Reisig in einem zwei Meter tiefen Loch sofort Feuer fängt, wurde einst von Manrique gebaut. Er sorgte auch dafür, dass es auf der Insel strenge Bauvorschriften gibt. Alle Häuser weiß gestrichen, keine riesigen Hotelanlagen. Auch der weiter im Norden gelegene Kaktusgarten gehört zu seinen Hinterlassenschaften. Ebenso wie der Kaktusgarten, den Manrique so angelegt hat dass er aus nur weniger Entfernung immer noch kaum zu entdecken ist, fügt sich der Mirador del Rio fast unmerklich in die Landschaft. Manrique nahm das naturgegebene praktisch als Grundlage seiner Arbeit. Der Mirador bietet aus dem Fels einen hervorragenden Ausblick auf die benachbarte kleine Schwester La Gracioso, die nur von wenigen hundert Menschen bewohnt wird und auf der man noch wirklich einsame Strände findet.
Ebenfalls mit der Landschaft verbunden sind die Jameos del Aqua. Ein unterirdischer Lavakanal, der über Kilometer von einem Vulkan bis zum Meer reicht und immer wieder mal nach obenhin an mehr oder minder großen Löchern den Blick in den Himmel frei gibt, dient jetzt als Kulturstätte für Konzerte und ähnliches. Selbst ein Pool und ein See finden sich unter der Erdoberfläche und man schaut aus dem Erdinneren in den blauen Himmel. Einst beherbergte die Anlage ein Hotel. Die Handschrift von Manrique erkennt man sofort, wenn man später sein eigenes Wohnhaus unweit der Inselhauptstadt Arrecife besichtigt. Auch hier liebt der Pool in einem Loch unter der Erde. Ansonsten ist das haus aber eher nicht versteckt. Vielmehr verschmilzt es mit der umgebenden Lava, die teilweise sogar bis ins Haus hinein architektonisch eingebunden wurde.
Doch nicht nur Landschaftlich und auf dem Spuren Manriques ist Lanzarote interessant. Es gibt noch eine weitere Einzigartigkeit: Wein der in bis zu zwei Meter tiefen Löchern inmitten der Lava gedeiht. 14 Bodegas vermerkt die örtliche Weinkarte. Lanzarote gehört zu den ältesten Weinanbaugebieten Spaniens. La Geria ist das Zentrum der Trauben. Einige Bodegas laden zum Kosten und Verweilen. Inmitten der kreisrund und jeweils mit einer halbrunden Steinmauer geschützten Weinstöcke. „Das schützt vor dem Wind“, erzählt der alltours-Reisefüher. „Das fein poröse Vulkangestein speichere die Feuchtigkeit der Nacht und ist außerdem sehr Mineralstoffreich.“
Ungewohnt der Anblick der auf dem Boden liegenden Reben. Schon im Juni wird geerntet. Vor allem Malavsia-Trauben, die aus Südgriechenland eingeführt wurden. Aber auch Moscatel findet sich und einige Rotweinsorten. Keine großen Weine, aber zum Fisch oder sonstigem Meeresgetier zum Bespiel in El Golfo. Dort im Restaurante de Mar mit Blick hinaus auf den Atlantik, durchaus passend. Und eben etwas wirklich Besonderes. Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es Wein der auf Vulkanasche gedeiht. Weil er schon im Juli geerntet wird haben wir jetzt im Dezember schon den 2013er Jahrgang auf dem Tisch. „Der lanzaroter Heurige“, scherzte meine Wiener Kollegen.
Das erwähnte Restaurant sollte übrigens bei keinem Besuch auf der Insel fehlen. Zum einen liegt gleich nebenan das tosende Meer, ein paar Schritte entfernt gelangt man zum Lago de los Chicos. Er leuchtet in einem Grün, dass man denkt täglich würde jemand einen Eimer Farbe in den in einer kleinen Bucht versteckten See schütten. Aber es ist eine Alge, die sich auf dem Grund festgesetzt hat und für diesen Farbtupfer sorgt. Viel Grün bietet die Insel ja ansonsten eher nicht. Im Restaurant findet man dann alles was das Meer so bietet. Frischer und besser hat man Meeresgetier selten gegessen und dazu gibt es des Bacchus-Saft der Insel.
400.000 Deutsche kommen jährlich auf die Insel. Alltours und andere Veranstalter bieten schön gelegene Anlagen. Genau der richtige Ort um jenseits des Massentourismus ein paar erholsam, interessante Tage zu verbringen.
Manch Gast hat übrigens noch außer einer Flasche Wein ein anderes landestypische Produkt im Gepäck: Arehucas, der Rum der Kanaren.