Von Honza Klein
Beim Anflug auf Gran Canaria ist es eigentlich wie immer – Das Meer umspült die Küste, dahinter weiße Häuser, die Touristenhochburg um Maspalomas und die berühmten Dünen. Doch schon am Flughafen ein ganz ungewohntes Bild für eine Urlaubsinsel. Gähnende Leere. Dabei ist Gran Canaria, sind die Kanarischen Inseln eines der letzten Sonnenziele in diesem Winter 2020. Das sagt auch Tom Smulders, Chef der Hotel- und Tourismusvereinigung.
Er steht an diesem Nachmittag mit nachdenklichem Blick auf einer Terrasse des allsun Hotels Esplendido. „Von unseren gut 145.000 Betten auf der Insel sind nur gut 7,5 Prozent belegt“, erzählt er. Ähnlich sei es auf den anderen Inseln. Dabei haben er und seine Kollegen alles getan, um Urlaub wieder sicher zu machen. Trotz Corona und nach dem harten Lockdown im Frühjahr. Das beginnt schon bei der Einreise. Jeder Gast benötigt einen PCR-Test, überall gibt es Maskenpflicht, in den Hotels wird ständig desinfiziert, die Büffets sind mit Glasscheiben getrennt. „Wir müssen Disziplin halten, dann schaffen wir das“, mahnt Smulders. Das dies klappt, zeigt die 100.000-Inzidenzrate, die derzeit bei unter 17 liegt. (Zum Vergleich: Deutschland 143, Berlin 224). Smulders schaut auf die mäßig gefüllte Poolanlage: „Wir haben uns nach dem Frühjahr sehr angestrengt. Schließlich leben auf den gesamten Kanaren gut eine halbe Million Menschen direkt vom Tourismus. Zurzeit sind 70 Prozent in Kurzarbeit, nur gut 30 Prozent der Hotels sind geöffnet. Über Weihnachten und Silvester hoffen wir, dass es noch etwas besser wird.“ Und dann hat er eine kleine Kritik an Angela Merkel. „Wir müssen diese Krise gesamteuropäisch lösen. Da ist es nicht gut, wenn die Bundeskanzlerin den Menschen sagt, sie sollen nicht reisen.“
Schließlich sei der Tourismus eine der Haupteinnahmequellen der sieben Inseln und in den vergangenen Jahren gerade auch bei den deutschen Touristen immer beliebter geworden. Gutes Klima, günstige Preise. So legte etwa alltours in der Saison 2019/20 bei den Gästezahlen zweistellig zu. So wie auch andere Reiseveranstalter. Doch dann kam Corona. Wie groß der Einbruch war, darüber möchte keines der großen Reiseunternehmen sprechen. Weder Tui, noch alltours oder andere. Doch die andauernde Kurzarbeit auch bei den deutschen Firmen verdeutlicht das Ausmaß. „Im Sommer hatten wir eine Auslastung von nur 17 Prozent“, erzählt Jorge, PR-Chef im Villa del Conde, einem der besten Häuser der Insel. Jetzt hofft er auf die Weihnachtsferien. Fast flehend gibt er uns mit auf den Weg: „Bei uns und auf den Kanaren ist es sicher.“ Dazu trägt auch bei, dass etwa Ausflüge in kleineren Gruppen als sonst angeboten werden.
Doch nicht nur die Hotelbranche leidet. Die ganze Insel ächzt. Das wird etwa in den pittoresken Örtchen Teror oder auch Arucas deutlich. Dort, wo sich normalerweise die Touristen in Cafés und Souvenirshops tummeln, ist man fast allein. „Mehr als 40 Prozent weniger Gäste“, sagt Justo Castellano in der Bar el Gotico in Arucas. Immerhin kämen noch einige und verweilten dann bei ihm, um die 1935 gegründete Rumfabrik Arehucas gleich um die Ecke zu besuchen. Übrigens eine der ältesten Europas. Auch Willy Brandt hat dort schon ein Fass signiert. Vor fast einem halben Jahrhundert. Julia Iglesias und viele andere Prominente folgten. Doch weniger Touristen auf den Inseln bedeutet auch weniger Umsatz in den Bars. Nun ist es möglich, ganz entspannt und ohne Gedränge nach der Werksführung die verschiedenen Rumsorten zu verkosten.
Vor dem Hafen von Las Palmas kann man auf andere Weise die Misere des Tourismus besichtigen. Zwei Aida-Kreuzfahrtschiffe liegen wie gestrandete Wale seit Monaten auf Reede. „Miserabel“ ist auch das einzige, was Sandro, der Wirt im Blauen Engel an der Promenade von Maspalomas sagen will. Kaum Gäste. Ein paar Überwinterer sind jedoch da. Etwa Johanna Hildebrandt aus Annaberg-Buchholz. „Ich bin in diesem Jahr zwar mit gemischten Gefühlen gekommen, aber da ich seit Jahren hier bin, habe ich es eben gemacht.“ Es fühle sich zwar etwas anders an als sonst, aber immerhin scheine die Sonne. Sechs Wochen bleibt sie.
Nicht ganz so lange haben Tini und Michael aus Frankfurt am Main gebucht. Für sie ist es aber „einer der besten Urlaube, den wir je hatten. Alles ist so schön leer.“
Service:
Die aktuellen Reisebestimmungen:
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/spanien-node/spaniensicherheit/210534
Es wird ein PCR-Test bei der Einreise benötigt, der nicht älter als 72 Stunden ist.
Außerdem ist eine Anmeldung im Spain Travel Health-Portalnotwendig. Jedoch frühestens 48 Stunden vor Einreise.
Als zusätzliche Sicherheit hat die Regierung der Kanaren eine Versicherung für Touristen abgeschlossen. Sollte sich ein Gast auf einer der Inseln mit Covid infizieren, werden alle Extrakosten (Hotel, Flug, Arzt) übernommen.