Landschaft, Geschichte und gute leibliche Genüsse

Dalmatien bietet mehr als nur einen Badeurlaub

Von Honza Klein

Knochig, trotzig und irgendwie unbezwingbar steht der alte Olivenbaum inmitten des nachgebauten historischen Dorfes am Strand von Sibenik. Vor fast 800 Jahren hat er sein erstes Grün aus dem Boden gestreckt. Vieles hat Dalmatien seitdem erlebt. Viele haben über den Landstrich in der Mitte der adriatinischen Ostküste geherrscht. Römer und Venezianer, Slaven, Franzosen und Österreicher, in unzähligen Buchten fanden Piraten ihren Unterschlupf. Es gehörte zu Jugoslawien, schließlich nun ein zur EU gehörender Teil Kroatiens.

Alle diese Umbrüche scheint der Baum dort am Ufer teilnahmslos hingenommen zu haben. Wenn er doch erzählen könnte denkt man sich. Scheint doch manches in dem Land wie zu der Zeit seiner ersten Triebe. Anderes modern und doch traditionell. Das macht wohl den Reiz der Region aus. Mehr als zwölf Millionen Touristen kommen Jahr für Jahr nach Kroatien. Immerhin jeder Vierte hat einen deutschen Ausweis.

Damit zählt der Tourismus zur wichtigsten Einnahmequelle des Landes. Zu Recht möchte man meinen wenn man ein paar Tage zwischen Bergen und Meer unterwegs war. Charmante, fast ein wenig aus der Zeit gefallene Städte wie Sibenik und Omis, ebenso historische wie moderne Orte wie Zadar und Split. Vor der Küste 1200 Inseln von denen lediglich 43 bewohnt sind, im Hinterland Dörfer und wildromantische Landschaften. Eine davon kennen sicherlich die Meisten. Aus den Karl May Verfilmungen. Im Krka Nationalpark waren einst Winnetou und Old Shatterhand unterwegs. In fast unberührter Landschaft. Heute freilich kommen die Touristen zu Tausenden. Die Wasserfälle bieten gerade im heißen Sommer willkommene Abkühlung. Überhaupt ist die Landschaft eines der Argumente für die Region. Ein Meer klar wie ein Kristall, unberührte, menschenleere Buchten und eben wilde Berglandschaften teilweise bis zur Meereskante.

 

Wie gesagt zählt der Tourismus inzwischen wieder zu de Einnahmequellen. Nach dem nun fast 20 Jahre vergangenen Krieg der um die Neuordnung des einstigen Jugoslawiens hat man sich auf seine Stärken besonnen. Vor allem Tschechen und Polen bevölkern die Strände. Oder besser gesagt die Kies- bzw. Steinflächen am Ufer der Adria. Die Hotellandschaft indes bietet inzwischen mehr und mehr Luxus und damit auch ausgedehnte Poolanlagen. So ist es durchaus auch mit Kindern ein angesagtes Reiseziel. Nur eben ohne die Möglichkeit der Kleckerburg. Trotz etlicher neuer Hotel hat man jedoch nicht den Eindruck, dass hier, etwa wie an der spanischen Küste die Landschaft darunter leidet. „Wir wollen und brauchen zwar den Tourismus aber eben so dass unsere Natur und unsere historischen Stätten nicht darunter leiden“, meint Josko Stella, Chef des dalmatinischen Tourist Boards.

 

So hat etwa der Reiseveranstalter alltours sein Programm Jahr für Jahr ausgeweitet. Biete Flugreisen aber auch Individualtourismus an. Zu durchaus angenehmen Preisen. Immerhin 1800 Kilometer Küstenlinie erwarten die Gästen. Und in den Orten Dalmatiens finden sich unzählige mit dem Unesco-Welterbe-Zeichen. Eine kleine Anekdote am Rande, die eine Reiseleiterin erzählte. Einst begleitete sie eine Touristengruppe durchs Land und wies immer wieder darauf hin das dieses und jenes unter Unesco-Schutz stünde. Daraufhin fragte ein Tourist: „Lebt denn der Herr Unesco noch?“ Die Reiseleiterin war Diplomatin genug nicht die Nationalität des Fragenden zu verraten.

Zu den besonderen Unseco-Stätten zählt in Split der Palast des römischen Kaisers Diocletians. Täglich mit der Mittagsglocke hat er seinen Auftritt und hunderte Touristen lassen ihre Kameras klicken. Viele von ihnen sind nur für ein paar Stunden hier. Längst ist Split und auch das weiter südlich gelegene Dobrovnik ein wichtiger Hafen für die Kreuzfahrtpiraten von heute. Sie drängen sich dann in den Gassen der Altstadt, kaufen Souvenirs – meist Olivenöl oder einheimischen Wein (dazu gleich noch mehr) und zahlen in der einheimischen Währung Kuna. Zwar ist Kroatien EU- Mitglied doch noch mit eigener Währung. So schlecht finden das die Kroaten indes nicht. Befürchten sie doch mit dem Euro eine Verteuerung. So um die 600 Euro liegt das Monatseinkommen. Da fällt jeder Euro mehr an Ausgaben ins Gewicht. Kuna übrigens bedeutet Marder, weil man in früheren Zeiten mit Fellen gezahlt hat. Das Leben war für die Menschen Kroatiens nie so richtig leicht. Auch wenn man ihnen das kaum anmerkt. „Kroaten leben mehr Schein als Sein“, meint die Reiseführerin. 17 Prozent beträgt die Arbeitslosigkeit. Vor allem für Akademiker sei es schwer einen guten Job zu finden, erzählt sie. So haben allein in den vergangenen Krisenjahren mehr als 100.000 Kroaten das Land verlassen. Vor allem Kanada und Australien war ihr Ziel. Auswanderung indes hat schon Tradition. Eben weil es wirtschaftlich nie einfach war. Viele indes kommen im Alter zurück und geben ihrem Land etwa zurück indem sie etwa in neue Hotels investieren. Oder in den Weinbau.

 

Der entwickelt sich in den vergangen Jahren mehr und mehr und die Qualität des Rebensaftes ebenso. So kostet etwa eine Flasche Zlatan Plavac Grand Cru 80 Euro und ist mit einigen Preisen geadelt. Vor allem die Babic Traube und Plavac Maly werden gekeltert. Etwa von der Kellerei Jako Vino auf der Insel Brac. In gut einer Stunde ist man mit dem Schiff von Split aus hinüber gesetzt. Und plötzlich noch ein wenig entspannter. „Auf unseren Inseln ticken die Uhren anders“, lacht die Reiseleiterin. Etliche sind sogar heute noch schwer – das heißt nur einmal pro Woche – mit dem Schiff zu erreichen. Auf Brac nahe des Städtchens Bol findet sich einer der ganz wenigen Strände Dalmatiens. Fast in jedem Reiseführer ist das Stückchen Land namens Zlatni Rat (Goldenes Horn) zu bewundern. Ein Ausflug in die Berge lohnt, weil man vor dort den besten Blick auf die Naturschönheit und das sich ins Meer reckende Horn hat. Auffallend auch die vielen Kalksteinbrüche der Insel. Einige freilich sind von oben unsichtbar. Erstecken sie sich doch teilweise bis 40 Meter unter der Meeresoberfläche. Dafür sind die Ergebnisse dessen was aus dem Stein geworden ist um so bekannten. So wurde etwa Kalkstein von Brac für den Bau des Weißens Hause in Washington und des Reichstages in Berlin verwandt. Überhaupt brachten die Kroaten vieles in die Welt. Leitet sich doch etwa der Begriff Krawatte vom österreichischen Krawat (Kroate) ab. Und damit zurück zum Wein.

 

Zwar hat Weinbau eine lange Tradition, doch war die Qualität nie viel mehr als guter Hauswein. Dies ändert sich seit einigen Jahren Schritt für Schritt. Im Ausland allerdings ist dies kaum spürbar. Sind doch die Mengen für einen großen Export zu gering. 150.000 Flaschen füllt etwa Jako Vino jährlich ab. So lohnt der Griff zum einheimischen Wein um so mehr, wenn man in einem der vielen Restaurants, die sich oftmals versteckt und dann um so besser finden einkehrt. Überhaupt ist das was auf die Tische gelangt ein weiterer Grund für eine Reise. Fisch, Fleisch viel Gemüse, sogar Froschschenkel und alles frisch, dass man jedes Mal beim Blick zu seinem Nachbarn denkt: Das hätte ich auch gern probiert.“ Also einfach mehrer Portionen auf den Tisch stellen lassen und los geht’s. Dazu dann eben einen guten Tropfen. Sollte dieser dann doch mal ein kalifornisches oder neuseeländisches Etikett haben – egal. Auch das verdanken wir Kroatien. So zählt Miljenko Grgic, der inzwischen Mike Grgich heißt, zu den Pionieren des kalifornischen Weinbaus. Zusammen mit Robert Mondavi legte er viele Grundsteine für den heutigen Erfolg des kalifornischen Weines. Ebenso der neuseeländische Weinbau verdankt seine Anfänge Weinkennern aus Kroatien. Einige von ihnen bringen nun ihre Erfahrungen zurück. Ach wenn viele von Ihnen weiter fern der Heimat leben bleiben. „Im Sommer kommen fast alle hierher“, erzählt die Reiseleiterin. Der Touristik-Chef ergänzt: „Warum soll ich woanders Urlaub machen. Es ist so schön hier.“