Von Honza Klein
Es soll ja Menschen geben, die gerne Jahreszeiten erleben. Das hört man immer wieder mal von Leuten, die etwa das ganz Jahr in einer Gegend verbringen, in der es mehr oder weniger nur Sommer ist. Ähnlich ist es in Island. Nur eben anders herum. Elf Monate Winter. Zwar nicht sonderlich weit unter den Gefrierpunkt sinken die Temperaturen, doch es ist ob des Meeres rings herum immer ein wenig feuchtkalt. So ist es wie in vielen nordischen Ländern. Alkohol spielt eine große Rolle. Wärme von innen. Deshalb verwundert es auch nicht, dass in den vergangen Jahren einige kleine Brennereiern starteten. Mit durchaus interessanten Produkten und einer Gemeinsamkeit: Brennevin. Den gibt es auch aus der Reykjavik Distillery am Hafen der Hauptstadt.
Es ist nicht mehr als eine große Garage auf einem Hafengelände von Reykjavik. Schrotthändler, Bootsreparaturen, mitten drin die Brennerei.
Eine Namensgebung mit der Snorry Jonsson marketingtechnisch gleich doppelt punktet. Zum einen hat er so alles zu seinen Produkten gesagt. Zum anderen ist die örtliche Marketinggesellschaft froh, dass der Name ihres Produktes (Reykjavik) so ganz einfach in die Welt hinaus geht. Man merkt Snorry an, dass er seinen Job liebt. Erfolg gibt ihm Recht.
„Ich suche größere Räume“, erzählt er. Was aber eigentlich falsch ist, wie er dann einräumt.
Denn die Räume hat er schon, nur keine Zeit umzuziehen. Die Nachfrage nach einen diversen Getränken aus Rhabarber, Crowberry Beere, Gin etc. ist einfach zu groß. Er kann sich keinen Produktionsausfall leisten. Und in diesen Tagen beim zweiten Reykjavik Bar Summit schon gar nicht.
Wieder einmal waren Bars, respektive die dazugehörigen Barkeeper in Europas nördlichste Hauptstadt gekommen. Mit dabei Bars aus New York, Miami, Paris, New Orleans, Stockholm, Amsterdam, Trondheim, Kopenhagen, Stockholm und London. Das Programm eher ein Happening als wirklicher Contest. Mixen mit Boxhandschuhen etwa. Da kann man wohl gespaltener Meinung sein. Und auch sonst sind die Isländer nicht gerade Meister der Organisation. Schon gar nicht des täglichen Timings. Statt um 21 Uhr an der Bar endet gleich der zweite Tag nach etlichen Verzögerungen früh um 5 Uhr. Immerhin brachte er einen Ausflug zu einer gleich mehreren Naturspektakeln. Gletscher, Nordlicht, Heiße Quelle. Das alles am Langjökull Gletscher.
Den kann man sogar von innen erleben. Tunnel führen durch ihn hindurch. Hinauf geht es mit ausgedehnten Militärfahrzeugen durch eisige Landschaft. Wieder am Ausgangspunk kann man auch dort in einer heißen Quelle entspannen. Husch in die Badhose rein und hinein ins fast 40 Grad heiße Thermalbad. Bei Außentemperaturen von Minus fünf, die sich gefühlt durch den immer vorhandenen feuchten Wind wesentlich kälter anmuten, ein wunderbares Gefühl. Und bei einem Barfestival natürlich mit Drink in der Hand. Und irgendwann meinte wohl einer dieser nordischen Götter den Schalter umlegen zu müssen und das Nordlicht zu präsentieren. Ein magischer Moment.
Der Legende nach haben die ersten Isländer in den geothermalen Quellen sogar ihre Pferde gebadet damit diese wieder zu Kräften kommen. Das war irgendwann gegen Ende des ersten Jahrtausends. 870 kamen die ersten Wikinger vom nordischen Festland auf die karge Insel. Manch Reisender von heute fragt sich, wieso sie geblieben sind. Scheint doch die Insel eigentlich unbewohnbar. Immerhin sind ja einige der Vorfahren der Isländer tatsächlich weiter gereist. Nach Grönland und bis ins heutige Nova Scotia an Nordamerikas Küste. Nur hat eben deren Marketingabteilung versagt und es niemandem erzählt.
Ein paar Bäume gibt es und einige Ansiedlungen. Ansonsten Ödnis. Diese hat jedoch einen ganz besonderen Reiz. Wie Mond mit Schnee.
„Man sollte das erste mal im Sommer her kommen“, meint Birger Gudmundsson. Er ist Hotelchef im Marina Hotel, in dem auch die Slippbarinn Bar beheimatet ist und er hat den Bar Summit mit aus der Taufe gehoben. „Für uns ist das eine gute Gelegenheit auch in de kalten Jahreszeit Gäste hierher zu holen und außerdem können unsere Barkeeper von den internationalen Gästen lernen. Wenn er von Sommer redet, denkt man allerdings an die Aussage etlicher Isländer: „Der schönste Tag im Jahr ist der Sommer.“ Schnee ist irgendwie, irgendwo immer und in diesem imaginären Sommer sind es mit Glück irgendwas um die 15 bis 20 Grad. Wenn es gut läuft. Trotzdem kommen pro Jahr fast eine Million Touristen.
Ein Besuch auf Island ein gutes Stop-Over-Ziel wenn man nach Nordamerika oder von dort nach Europa reist. Icelandair bietet dafür interessante Angebote. „Die meisten unserer Gäste kommen jedoch speziell nach Island“, sagt Gudmundsson.So ist der Tourismus längst eine wichtige Einnahmequelle für das Land.
Natürlich auch die Schafzucht. Davon gibt es mehr als Einwohner auf der Insel. Bei den 300.000 Einwohnern kommen auf jeweils 1.000 Isländer 1.636 Schafe. Und dann ist da eben noch die Brennerei. Da gibt es die Foss Distillery, die vor allem mit Kräutern arbeitet die bereits erwähnte Reykjavik Distillery und die Eimverk Distillery. Diese ist für ihre neun Sorten Gin berühmt. Aber auch Whisky geht aus dem Haus. Übrigens hergestellt in einem Kupferbrennkessel aus Deutschland. Und klar – alle stellen Brennevin her. Ohne den geht in Island gar nichts.
Kurioserweise war der Brennevin in der Geschichte des Landes fast immer erlaubt. Denn auch das Jahr 1989 war ein geschichtsträchtiges in Island. Am 1. März dieses Jahres fiel das Bierverbot. Beim Barfestival wurde jedoch vor allem hochprozentig gemixt. Aber vielleicht zum letzten Mal.
„Wir wissen noch nicht ob es weiter geht“, meinte inoffiziell einer der Organisatoren. Doch die Isländer lieben es zu feiern. Ihnen fällt bestimmt etwas Neues ein.