Gunter Gabriel - Der Malochersänger

Von Honza Klein

Das Erste was er sagt als wir uns im Restaurant treffen ist: „Ich sage Dir gleich mal die Überschrift für deinen Artikel: „Das Wunder Gunter Gabriel.“ Nun könnte man das für übertriebene Eitelkeit halten. Doch das ist der Mann der einst vom Boss mehr Geld wollte so gar nicht. Er ist – nun sagen wir mal sportlich gekleidet, bestellt Tee. Am Eingang des Restaurants Pasta e Basta wirbt ein Plakat für einen Auftritt Gabriels gleich um die Ecke in einer Buchhandlung. Neben dem Restaurant liegt das Renaissance Theater. Einer der Orte von Gabriels Come-Back.

 

Doch zunächst zu seiner Wunderaussage. „Eigentlich wollte ich mit 60 in Rente gehen, vielleicht in der Südsee wohnen. Aber dann rief 1985 mein Banker an und sagte dass ich pleite bin.“ Gut zehn Millionen Mark seien es gewesen, die er verloren hat. Steuersparmodell. Er hatte selbst erfolgreich Musik gemacht, für Roland Kaiser, Juliane Werding und Frank Zander Hits geschrieben. Nun war er ganz unten. Es folgten Jahre im Wohnwagen, später auf seinem Hausboot in Hamburg. „Viele Freunde gingen damals verloren“, erinnert er sich. „Ich bin denen aber gar nicht böse. Vermutlich war ich in der Zeit auch nicht einfach. Man wird ein anderer Mensch und viele konnten wohl einfach nicht mit meinem Elend umgehen.“ Dafür habe er neue Freunde gefunden.

 

Das Wunder besteht nun für ihn darin, dass er immer noch lebt. „Wenn ich nicht pleite gegangen wäre, ich würde vermutlich nicht mehr leben“, ist er sich sicher. „Man dreht doch ziemlich ab wenn man so viel Geld hat. Ich hatte drei Motorräder, Autos, eine 10-Zimmer-Wohnung in Berlin; Geliebte und war doch sehr oft allein und einsam.“ Durch den Verlust von allem habe er sich auf das besinnen müssen, was wichtig für ihn ist. „Meinen Kopf und meine Gitarre.“ Zu seinem Instrument hat Gabriel ein fast erotisches Verhältnis. „Ich würde nie Klavier spielen wollen. Die Gitarre kann man greifen wie eine Frau, sie ist meine Frau.“ Vier Kinder von vier Frauen hat er. Im Alter von 26 bis 48. „Und wenn es da irgendwo Probleme gibt bin ich da“, sagt er lachend und fügt an: „Ich bin ein Problemlöser.“ Irgendwann musste er sein eigenes Problem lösen. Mit 500.000 Euro stand er in den Miesen. Die Lösung war für ihn ganz simpel. In einer TV-Talk-Show bot er an für 1000 Euro bei jedermann zu singen. „Darüber machten sich alle möglichen Leute lustig“, erinnert er sich. „Aber es hat geklappt und es funktioniert immer noch.“  Wie zum Beweis kramt er ein Bündel Geld aus der Hosentasche. „Das sind so 5000“, sagt er. „Konten mag ich nicht so gern.“ Durch die Talk-Show kam dann wieder der Focus auf ihn. Normale Konzertangebote folgten und Gabriel sang auch immer schon die Lieder von Johnny Cash. Der rief dann an und lud ihn nach Nashville/USA ein. „Er wollte unbedingt dass ich seine Lieder auf Deutsch singe.“ Wenn er von Cash redet wird Gabriel ein wenig wehmütig. „Ich habe seine letzten Tage miterlebt. Das war schon sehr bewegend diesen großen Sänger so leiden zu sehen.“ Seine Freundschaft zu Cash beweist Gabriel nun immer noch wenn er als Johnny Cash etwa im Renaissance Theater auf der Bühne steht. Fast hat man dabei den Eindruck Gabriel ist Johnny Cash.

 

Auch er hat am liebsten für die Gestrauchelten gespielt. Etwa bei mehreren Auftritten in Gefängnissen. Vielleicht deshalb mag Gabriel den Begriff Schlagersänger nicht. „Ich bin ein Malochersänger.“ Das sind meist ehrliche Leute. Heuchelei, Lug und Trug und dieser Turbokapitalismus sind ihm zu wider.

Und um noch ein bissl weiter aus den Schulden zu kommen, ging er in den Dschungel.

 

Wie gesagt – eigentlich wollte er mit 60 in Rente gehen. Jetzt ist er Mitte 70 und meint: „Ich gehe nie in Rente.“ Sein Tourneeplan ist prall gefüllt. Auch hat er mehrfach für deutsche Soldaten im Kosovo und Afghanistan gesungen ja selbst im Irak ist er aufgetreten. Ohne Honorar. „Das war für mich selbstverständlich.“ Extra dafür hat er Lieder über Deutschland geschrieben. Na ja und dann gibt es noch ein paar ganz private Wünsche. „Dass die Liebe meiner Freundin bleibt und wir gemeinsam ihre Heimat Peru besuchen und ich würde gern mal ein Jahr lang als Straßenmusiker durch Deutschland ziehen.“ Ach ja – „Irgendwann will ich auch mit meinem Hausboot in Berlin vor Anker gehen. Die Stadt ist meine große Liebe."