Von Wolfgang Wieland
Die knuffige Kult-Kiste hat seit Jahrzehnten viele Namen. Bei den Nordamerikanern heißt er schlicht Microbus, die technikverliebten Insider und VW-Fans haben für jede Generation seit 1950 ein Kürzel, von T1 bis T6, wobei das T für Transporter steht. Und wir Deutschen nennen den sympathischen Allrounder liebevoll Bulli. Jetzt hat der Volkswagen-Vorstand beschlossen: Ab 2022 fährt, oder besser surrt dann ein reinelektrischer VW Bus über unsere Straßen. Mit der wundersamen Bezeichnung I.D. Buzz. Buzz was?
Ja, so ist das eben: Neuer Bus, neuer Name, neues Image. Schluss mit rußigen Diesel-Stinkern, hin zu fast lautlosen Saubermännern. Die Elektro-Offensive sorgt ab sofort für das neue Image von Volkswagen. Der Ausbau der e-Mobilität gehört zur VW-Strategie 2025, die bis dahin mehr als 30 reinelektrische Fahrzeuge vorsieht. Das I.D. von I.D. Buzz steht für Identität, Idee und ikonisches Design. Und Buzz (sprich Bassss) spielt phonetisch mit dem Wort Bus und hört sich wie das Summen des Elektro-Antriebs an. Stimmt auch irgendwie ein bisschen, haben wir festgestellt, denn wir durften bei der allerersten Ausfahrt mit der fahrfertigen Designstudie an der US-amerikanischen Westküste in Kalifornien Gas, ähhh, Strom geben. Hier werden sofort Flower-Power-Gefühle wach, denn in den 1960er- und 1970er-Jahren gehörte es bei den Hippies rund um San Francisco zum guten Ton einen farbenfrohen VW zu fahren. Es war und ist das perfekte Mehrzweck-Mobil zum Surfen, zum Chillen bei Sit-ins ums Lagerfeuer mit Gitarrenmusik oder einfach nur zum lockeren Cruisen auf dem legendären Highway No. 1, Richtung Malibu, nördlich von Los Angeles gelegen. In den Fahrpausen wurde damals auf dem Rastplatz zur Entschleunigung ein Hasch-Pfeifchen gequalmt. Zukünftig soll dann die 2022er-Generation zur weiterführenden Beschleunigung 30 Minuten lang einen Cappuccino schlürfen. So lange dauert es nämlich, den Wolfsburger Elektro-Van wieder auf 80 Prozent Batteriekapazität zu laden. Dann kann weiter sauber und garantiert qualmfrei gesurrt werden. Insgesamt, bei vollen Akkus, bis zu 600 Kilometer weit – na klar, nur bei wirklich optimalen Bedingungen. Aber rund 500 Kilometer sollten wohl immer gehen.
Viel Platz haben wir an Bord des 4,94 Meter langen Prototyps. Dank der hohen Sitzposition und der großen Glasflächen hat man einen herrlichen Rundumblick. Bis zu acht Sitze und zwei Kofferräume sind schon eine großzügige Ansage. Der vordere Kofferraum fast 200 Liter Gepäck, der hintere ist variabel nutzbar, von 660 auf bis zu 4.600 Liter ausbaubar. Äußerst komfortabel geht’s auch beim Ein- und Austeigen zur Sache. Alle Hauben und Türen öffnen und schließen elektrisch. Hierfür muss man einfach nur mit den Fingern über den markierten Bereich aus gebürstetem Aluminium streichen, und, Sesam-öffne-Dich, surren auch die Türen. Optisch und technisch ist hier alles äußerst futuristisch gestylt. Das spacig-flache Lenkrad wird aus Sicherheitsgründen so wohl nicht in Serie gehen können, aber ansonsten kann man hier schon viele seriennahe Komponenten erkennen. Volkswagen Chefdesigner Klaus Bischoff erklärt uns hierzu: „Wir haben mit dem I.D. Buzz kein Retro-Design auf die 22-Zoll-Räder gestellt, sondern die logische Weiterentwicklung des mit Sicherheit erfolgreichsten Van-Designs konzipiert.“ Stimmt, beispielsweise suchen wir vergebens nach Rückspiegeln. Es gibt wirklich keine, Kameras und ein Display (e-Mirror) übernehmen hier diese Funktion.
Übrigens: Bischoff arbeitet nicht erst seit ein paar Monaten an dem Projekt. Seit über 15 Jahren versucht der Designer einen optisch würdigen Nachfolger für die ersten beiden Microbus-Generationen beim Vorstand durchzusetzen. Jetzt hat er es mit dem „Showcar des Jahres 2017“ endlich geschafft und nun wird er für seine Hartnäckigkeit sogar gleich doppelt belohnt, da die VW-Tochter Volkswagen Nutzfahrzeuge zeitgleich den I.D. Buzz Cargo bringt. Nutzfahrzeug-Vorstandschef Eckhard Scholz dazu: „Wir freuen uns auf einen emissionsfreien Lieferwagen, der auch als Level-3-Fahrzeug hochautomatisiert fahren kann. Ein ideales elektrisches Transporter-Konzept, vor allem für Innenstädte.“ Damit sieht die Deutsche Post mit ihrem Streetscooter-Projekt ziemlich blass aus, denn die gelben, nicht gerade ansehnlichen e-Transporter haben nur eine Reichweite von maximal 80 Kilometern, die sich im Winter auch noch schnell mal halbieren kann. Und die Ladedauer beträgt dann auch noch gähnend lange sieben bis zehn Stunden.
Dagegen sind die Fahrleistungen des I.D. Buzz eher atemberaubend, dank der beiden je 204 PS starken Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse. Beim optimalen Ampelstart vergehen bis Tempo 100 auf dem digitalen Tacho keine fünf Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit wird elektronisch bei 160 km/h abgeregelt – so klappt’s dann auch mit der Reichweite. Der Selbstfahrmodus wird von dem AR-Head-up-Display dominiert. AR steht hier für Augmented Reality, auf gut deutsch eine computerunterstützte Darstellung, welche die reale Welt um virtuelle Aspekte erweitert. Das heißt, Informationen wie Richtungshinweise des Navigationssystems werden sieben bis 15 Meter virtuell vor den Wagen projiziert. Da staunt man nicht schlecht, wenn die dreidimensionalen Richtungspfeile genau dort sind, wo man gleich auch wirklich entlangfahren wird.
Der richtige Clou kommt dann 2025 mit dem vollautomatisierten Fahrmodus namens „I.D. Pilot“. Dann wird der I.D. Buzz zum ersten autonom fahrenden Van. Ein leichter Druck auf das Lenkrad reicht hier aus, um es im Cockpit verschwinden zu lassen. Die beiden vorderen Sitze werden nun elektrisch entriegelt und um 180 Grad, ja surrend, zu den anderen Passagieren gedreht. Eine lauschige Lounge-Atmosphäre macht sich breit, Getränke werden serviert, News auf dem iPad-Tablet gelesen. Nun übernehmen vier Laserscanner auf dem Dach, Ultraschallsensoren, Radarsensoren, Area-View-Kameras und die Frontkamera computerkoordiniert das Kommando bis zum ins Navi einprogrammierten Ziel. Willkommen in der sauberen Zukunft von VW.