Porsche 356

Wiederauferstehung eines Traumwagens

Von Wolfgang Wieland

Wie aus einem verrosteten Wrack innerhalb von drei Jahren der Porsche 356 Split-Window aus dem Baujahr 1951 rekonstruiert wird – und nach Fertigstellung bis zu einer Million Euro wert sein kann. 

 

Der rotbraune Rost rieselt durch zahlreiche Ritzen. Im Innenraum des Porsche 356, wegen seiner geteilte Frontscheibe fachgerecht „Split-Window“ genannt, findet man keine Sitze, keine Pedale, kein Lenkrad. Und wenn man die hinten gelegene Motorhaube gaaanz vooorsichtig öffnet, sieht man auch keinen Motor. Gähnende Leere wohin das Auge schaut, aber irgendwie spürt man beim Anblick dieses rostigen Wracks ein unerklärbares, wohliges Ganzkörper-Kribbeln.

Viel Spannung wabert durch die Werkstatt, viel Phantasie beflügelt das Vorstellungsvermögen, denn in ungefähr drei Jahren, also nach tausenden Arbeitsstunden und einem entsprechenden monetären Einsatz, soll hier einer der seltensten Porsche überhaupt im perfekten Zustand an seinen Eigentümer zurückgegeben werden. Dann wird der Wert nah an die Eine-Million-Euro-Marke herankommen. Und wenn sich bei einer Oldtimer-Auktion der renommierten Häuser, wie Christie’s oder RM-Sotheby’s, zwei hochsolvente Bieter um so ein Schmuckstück reißen, dann ist preislich nichts mehr unmöglich.

 

Ein Verkauf dieser Rarität von 1951 ist allerdings nicht geplant, denn der Auftraggeber Jan de Reu ist ein in der Highend-Oldtimer-Szene äußerst anerkannter Sammler. Bei den automobilen Schmuckstücken des Belgiers handelt es sich um dutzende seltener Fahrzeuge, Rennwagen, Prototypen und sogar Einzelstücke, meist italienischer Bauart. Spektakuläres Design und auffallende Original-Farben begeistern den nun glücklichen Porsche-Besitzer. Und so wird dieser 356 auch wieder sein ursprüngliches Maron-Rot in  vordefinierten Lackschichten erhalten. Wenn der dunkelrote Klassiker dann ca. Ende 2020 zu Jan de Reu zurückkommt, möchte er sich einen großen Traum erfüllen und mal nicht mit einem Italiener, sondern mit diesem deutschen Auto zum legendären Concorso d'Eleganza Villa d'Este an den Comer See reisen. Wer zu diesem europäischen Oldtimer-Highlight eingeladen wird sein Fahrzeug zu präsentieren, der hat es wahrlich geschafft und steht dann neben den atemberaubenden Klassikern von Ralph Lauren, Ion Tiriac & Co.

 

Damit dieses hochgesteckte Ziel auch wirklich eine Chance hat, wählte Jan de Reu nicht irgendeine nahegelegene Oldie-Werkstatt, sondern beauftragte Porsche selbst. Ja, die Zuffenhausener bauen nicht nur Neufahrzeuge am laufenden Band, sondern restaurieren auch ganz liebevoll und in Handarbeit die Neufahrzeuge vergangener Tage. Die Spezialisten der Porsche Classic-Werkstatt haben ihren Sitz in Stuttgart und vor allem das interne Wissen, sowie die alten Werkzeuge aus den 1950er-Jahren, um den verrotteten 356 wieder originalgetreu zum Leben zu erwecken. Der immense Aufwand für das rollende Altmetall lohnt, schließlich fahren noch heute mehr als 70 Prozent aller jemals produzierten Porsche-Fahrzeuge. Und bereits 10 Jahre nach Ende der Produktion einer Baureihe übernimmt Porsche Classic die Verantwortung für deren Ersatzteilversorgung. „Unser Sortiment beinhaltet heute 52.000 Originalteile – vom 356 bis hin zum Carrera GT – die bei allen Porsche Partnern weltweit verfügbar sind“, erläutert Alexander Fabig, Leiter von Porsche Classic.

 

Übrigens: In knapp drei Monaten, am 8. Juni 2018, ist für Porsche ein ganz besonderes Datum. Da feiert man 70 Jahre Porsche Sportwagen, denn am 8. Juni 1948 erhielt das erste Automobil mit dem Namen Porsche seine Zulassung: Der 356 „Nr.1“ Roadster. Dieser Tag gilt als die Geburtsstunde der Marke Porsche. Mit dem Typ 356 verwirklichte sich Ferry Porsche seinen Traum vom sportlichen Fahren. „In seiner Vision von damals spiegeln sich alle Werte wider, welche die Marke bis heute prägen“, erklärt uns Oliver Blume, Vorstandsvorsitzender der Porsche AG. Herzlichen Glückwunsch!