Von Wolfgang Wieland
Jahr für Jahr wird das Autofahren immer sicherer, da menschliche Fehler im Fahrzeug fast vollständig verschwinden. Dank der Computertechnik in Form von Fahrerassistenzsystemen gibt es quasi keine Auffahrunfälle mehr, keine Kollisionen mit Fußgängern in der City oder Wildtieren auf der Landstraße. Das Auto denkt und lenkt, hält den richtigen Abstand zum Vordermann und bleibt stets in der Spur. Autonomes Fahren nennt das die Automobilindustrie. Aber was macht dann eigentlich der Fahrer, wenn wir in ein paar Jahren auch für hunderte Kilometer am Stück die Hände vom Lenkrad nehmen können und der Gas- und Bremsfuß nicht mehr benötigt wird?
BMW hat sich als erster Automobilhersteller auch darüber Gedanken gemacht, und den neuen 5er (interner Code: G30), der ja eigentlich erst nächsten Monat hinter die Schaufensterscheiben der BMW-Händler rollt, zu einem Hightech-Fahrzeug für das nächste Jahrzehnt umgebaut.
Wir durften den Prototypen schon heute probefahren und kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der silberne 530i mit der spacigen Rautenbeklebung sieht von außen eigentlich ganz normal aus, aber wehe man schaut in den Kofferraum. Da sieht’s aus wie in einem digitalen Versuchslabor im Jahr 2050. Wie auch immer, wir wollen ja fahren und nehmen hinter dem Lenkrad Platz und geben unser Wunschziel im Navi ein. Aus Sicherheitsgründen fahren wir bis zur Autobahnauffahrt noch ganz normal mit Hand und Fuß. Aber auch hier wird einem schon geholfen: An der roten Ampel zeigt uns die Anzeige im Touchscreen, in wieviel Sekunden es wieder grün wird. Die Ampel spricht doch glatt mit dem BMW. Dann ist es endlich soweit, wir drücken die blaue Lenkradtaste und trotz Tempo 90 wird der Fahrer ab sofort nicht mehr gebraucht.
Nach ein paar Minuten des mulmigen Beobachtens, vertrauen wir dem Fahrzeug, das seelenruhig zwischen den Fahrbahnmarkierungen hin und her pendelt, wie eine Bowlingkugel auf dem Weg zu den Pins. Trotzdem, und weil es ja noch ein Prototyp ist, sitzt für den zum Glück nicht eingetretenen Fall der Fälle ein BMW-Ingenieur auf dem Beifahrersitz und hat seine linke Hand stets an der Nothandbremse. Der Fahrer kann nun relaxen und die gewonnene Zeit nun beispielsweise mit Sightseeing verbringen. Das Navi zeigt was rechts und links des Weges so Interessantes vorbeirauscht und spielt auf Wunsch Audioinformationen dazu ab.
Wir können per Gestensteuerung, Daumen rechts oder links, Zeigefinger gen Bildschirm oder wegwischen etc. Befehle erteilen. Amazon Prime Video zeigt den zuvor ausgewählten Film und per Sprachsteuerung wird in einem Restaurant in der Nähe des Ziels ein Tisch für den Abend reserviert. Damit man zum Dinner nicht ohne Blumen, Pralinen oder Spielzeug erscheint, werden diese über Amazon Prime Now bestellt und am Ziel durch einen Boten oder eine Drohne geliefert. Natürlich sekundengenau, da das Navi ja unsere vorausberechnete Ankunftszeit gleich mitgesendet hat.
Noch einen Schritt weiter gehen die Bayern mit ihrer Studie „BMW i Inside Future“. Hier wird die Gestensteuerung mit einem Hologramm namens „HoloActive Touch“ optimiert. Die aus dem Menü gewählten Tasten schweben quasi vor einem über der Mittelkonsole. Der Vorteil: Der Zeigefinger bekommt ein Feedback durch Ultraschallwellen. Diese kribbeln leicht an der Fingerspitze auch ohne, dass man irgendetwas berührt hat. So wird angezeigt, dass der Befehl auch verstanden und ausgeführt wird.
Auch der Streit ums Musikprogramm im Auto gehört dank BMW demnächst der Vergangenheit an. Der Sound wird so gezielt aus den Kopfstützen an die Ohren übertragen, dass die anderen Passagiere davon nichts zu hören bekommen. So kann der Fahrer seine Heavy-Metal-Musik hören und die Beifahrerin parallel Beethoven lauschen – ganz ohne Kopfhörer. Fazit: BMW zeigt uns, dass die faszinierende automobile Zukunft schon ganz schön nah ist, denn das soeben erlebte wird bereits in der nächsten Fahrzeuggenration zu haben sein.