Elektromobilität

Hier fährt die Zukunft für die Zukunft

Von Wolfgang Wieland

Die Namen der Teilnehmer lesen sich wie das Who-is-Who der Formel 1 vergangener Tage: Senna, Prost, Piquet, Villeneuve und auch Heidfeld. Aber diese jungen Herren mit Vornamen Bruno, Nicolas, Nelson jr., Jacques und Nick repräsentieren nicht die lauten, bis zur Schmerzgrenze kreischenden Benzin-Boliden der letzten Jahrzehnte, sondern eine neue Generation, die surrende und ohrenschmeichelnde Zukunft des Motorsports. Wir sind mitten in der Formel E, der Flüster-Formel.

 

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hängt das Thema Elektromobilität in Deutschland weit zurück. Ewig verweigerten unsere Politiker die Unterstützung, moralisch und finanziell, weil auch diese zukunftsweisende Technologie für Merkel & Co. nichts weiteres als Neuland war. Nach wie vor gibt es zwischen Flensburg und Garmisch, abgesehen von wenigen Großstädten, kaum Lademöglichkeiten für das lokal emissionsfreie Fahren in Elektromobilen. Aber so langsam ändert sich das, denn die Industrie, wie Volkswagen, Renault & Co. tut einiges dafür, um endlich das Thema Auto 2.0 volksnah betreiben zu können. Wegen der leisen Rennwagen ist hier auch ein Familienausflug mit kleinen Kindern möglich, ohne am Montag danach beim Ohrenarzt vorstellig werden zu müssen. Keine Ohrstöpsel, keine Lärmschutz-Kopfhörer sind nötig. Und so ganz nebenbei kann man sich auch während des Rennens, direkt an der Rennstrecke äußerst angenehm unterhalten, ohne sich anschreien zu müssen.

 

Die Formel E hat trotz aller hörbaren Unterschiede mit der Formel 1 eins gemeinsam: Das Entwickeln, Testen und Optimieren neuer Bauteile mit zehn Teams, zwanzig Rennfahrern und vierzig Rennwagen. Beim erfolgreichen Einsatz werden diese Teile dann millionenfach bei der Produktion der straßenzugelassenen Serienautomobile verbaut. Aber Moment mal, warum hat’s da doppelt so viele Boliden, wie Piloten? Das ist noch für die kommenden zwei Jahre der größte Unterschied zu anderen Rennserien, denn bei der Formel E wird während der Rennen nicht aufgetankt oder Fahrer, wie Reifen gewechselt, hier werden gleich die ganzen Autos getauscht, da die Batterien nur ca. 30 Minuten, also die Hälfte der Distanz durchhalten. Das ist ein ziemliches Spektakel, denn die Fahrer rollen beim Boxenstopp in die Garage, springen aus den Elektro-Flitzern und hüpfen in den danebengeparkten Zweitwagen. Ab der Saison 2018/2019 soll darauf verzichtet werden können, da man davon ausgeht, dass die Batterien dann bei gleicher Baugröße deutlich mehr Power beinhalten können. Das ist zwar schlecht für die mitfiebernden Zuschauer, aber wiederum gut für den Beweis, dass sich die Elektromobilität sprunghaft weiterentwickelt und so auch die Serien-E-Autos vielleicht mal wirklich 500 Kilometer am Stück fahren können, egal ob im Sommer bei plus 30 Grad oder im Winter bei minus 15 Grad.

 

Anfang Oktober geht die Formel E wieder auf Tour. Das Volkswagen/Audi/Abt-Team geht erneut mit der erfolgreichen Vizemeister-Fahrerpaarung von Lucas di Grassi und Daniel Abt an den Start. Um die umweltfreundlichste und sparsamste Rennserie, die ausschließlich in Innenstädten gastiert, weltweit erfolgreich fahren zu lassen, wurden neben London, Berlin, Los Angeles, Hongkong, und Buenos Aires noch Marrakesch, Mexico-Stadt und New York als Austragungsorte bestätigt.

 

Technische Daten: Formel-Elektro-Rennwagen mit einem Sitzplatz, Länge: 5,00 Meter, Breite: 1,80 Meter, Höhe: 1,25 Meter, Gewicht: mindestens 888 Kilogramm (mit Fahrer, ca. 70 Kilogramm), Elektromotor mit Rekuperation und drei Vorwärtsgängen, Leistung: 270 PS (Qualifying), 231 PS (Rennen), 0-100 km/h: unter drei Sekunden, Höchstgeschwindigkeit: ca. 220 km/h, Reichweite: ca. 30 Minuten oder 200 Kilometer, Batterieladezeit: ca. 45 Minuten.