Von Wolfgang Wieland
Seit dem Sommer 1953 begeistern sich vor allem amerikanische Sportwagen-Fans für die Chevrolet Corvette. Dank Fiberglas-Karosserie und gewaltiger Triebwerke war der zweisitzige US-Hecktriebler stets schön leicht, kraftvoll und mit einem atemberaubenden Sound versehen, der nicht nur bei besagten Freunden des schnellsten Chevrolets Gänsehaut verursacht.
Fast zwei Millionen Exemplare der Corvette, der Name stammt übrigens von kleinen, wendigen Kriegsschiffen, wurden in den letzten 63 Jahren in der Produktionsstätte Bowling Green Assembly Plant im US-Bundesstaat Kentucky hergestellt. Bis 1957 wurde ein Reihensechszylinder mit 3,8 Litern Hubraum verbaut. Der große Erfolg kam aber erst mit den V8-Motoren, die bis zu 7,4 Litern Hubraum hatten.
Die aktuelle, die siebte Generation des sportlichen Zweitürers bringt es immerhin noch auf 6,2 Liter Hubraum, die satte 466 PS an die extrabreiten Hinterräder schicken. Wir testen die Cabrio-Version der Corvette, die den Namenszusatz C7 Stingray mit sich führt. Schon ein Blick in die technischen Daten sorgt für Pfützchen auf der Zunge, wie die schmackhaften handgefertigten Hamburger im Deli um die Ecke: In nur 4,2 Sekunden fliegt man auf Tempo 100, erst bei 280 km/h ist die Höchstgeschwindigkeit erreicht, sehr schön auf dem digitalen Tachometer im serienmäßigen Head-up-Display abzulesen. Der durchschnittliche Verbrauch soll laut Werksangabe bei 12,3 Litern Super liegen. Allerdings ist dieser Wert mit auch nur etwas Fahrspaß nicht zu erreichen. Schließlich hat das optionale Achtgang-Automatikgetriebe zwei Paddel am Lenkrad, wo man nach Herzenslust den 1,8-Tonner über Landstraßen und Autobahnen preschen kann. Die Überraschung: Mit zartem Gasfuß und Lust auf lockeres Cruising kann man dank der Benzindirekteinspritzung, der variablen Ventilsteuerung und der Zylinderabschaltung sogar unter zehn Liter auf 100 Kilometer verbrauchen. Respekt! AFM, Active Fuel Management heißt das System, dass bei niedriger Motorlast vier der acht Kolben, für Fahrer und Beifahrer nahezu unmerklich, abschaltet.
Wir starten den US-Sportler mit der Rennwagen-Optik per Knopfdruck, allerdings nicht im Fahrzeug sitzend, sondern von außen über den Funkschlüsselsender. Über den Sinn oder Unsinn dieser Funktion könnte man sicherlich streiten, wer aber den Startsound aus den vier nebeneinanderliegenden Auspuffendrohren live vom bespoilerten Heck erleben möchte, freut sich mit einem Dauergrinsen über die tatsächlich eintretende Ganzkörper-Gänsehaut. Jetzt nehmen wir auf den gut verarbeiteten, achtfach verstellbaren Nappaleder-Sportsitzen platz. Auch auf schnell gefahrenem und kurvenreichem Asphalt bleibt man hier stets sicher auf den vier Buchstaben haftend. Und ja, die Corvette kann mittlerweile auch wie auf Schienen der Straße folgen, und nicht nur geradeausfahren, wie noch vor Jahrzehnten mit Känguruh-Fahrverhalten beschrieben. Die Corvette von heute ist ein ernst zu nehmender Sportwagen, der auch in der grünen Hölle, der Nordschleife des Nürburgrings, zu Rekordzeiten unter sieben Minuten fähig ist. Keep racing!
Technische Daten: Zweitüriges Sport-Cabrio mit zwei Sitzen, Länge: 4,49 Meter, Breite: 1,87 Meter, Höhe: 1,24 Meter, Radstand: 2,71 Meter, Leergewicht: 1.734 Kilogramm, Kofferraumvolumen: 287 Liter, Tankinhalt: 70 Liter, Motor: 6,2-Liter-Benziner, Hubraum: 6.162 ccm, Hinterradantrieb, Achtgang-Automatikgetriebe mit Schaltwippen, Leistung: 466 PS, maximales Drehmoment: 630 Newtonmeter bei 4.600 U/min, 0-100 km/h: 4,2 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit: 280 km/h, Durchschnittsverbrauch: 12,3 Liter Super 95/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 282 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: G, Preis: ab 87.300 Euro.